Fallstudie – kompakt:
Mit dem Ziel, innovative Leichtbau-Lösungen für die Mobilität der Zukunft zu entwickeln, haben sich drei europäische Unternehmen für eine gemeinsame Projekt-Förderung zusammengeschlossen.
Gemeinsam konnten beträchtliche Fördergelder aus dem EU – Förderprogramm „Horizon Europe“ als Zuschüsse eingeworben werden.
Diese Leichtbau – Fallstudie * dokumentiert den Weg vom ersten Konzept bis zum erfolgreichen Projektabschluss unter besonderer Berücksichtigung des methodischen Ansatzes des „Logical Framework Approach“.
* Hinweis: Die Unternehmen und Inhalte in dieser Fallstudie sind aus Gründen des Datenschutzes fiktiv, jedoch an reale Unternehmen, Förderziele, Merkmale und Ergebnisse aus tatsächlichen Fördermittel-Projekten angelehnt.
Projektüberblick und Konsortium
Das Förderprojekt „HyLiTE“ (Hybrid Lightweight Technology) wurde durch einen Zusammenschluss von drei EU-Unternehmen durchgeführt, bestehend aus der LightTech Solutions GmbH aus Deutschland (Projektleitung), der Alpine Composite Systems AG aus Österreich und der Dutch Mobility Innovations B.V. aus den Niederlanden.
Mit einem beantragten Fördervolumen von 2,5 Millionen Euro und einer Projektlaufzeit von drei Jahren zielte das Vorhaben auf die Entwicklung einer neuartigen Hybridtechnologie für den automobilen Leichtbau ab1.
Die Projektpartner
Die LightTech Solutions GmbH, ein mittelständisches Unternehmen mit Sitz in Stuttgart, brachte ihre Expertise in der Entwicklung fortschrittlicher Leichtbaukonzepte für die Automobilindustrie ein. Mit 85 Mitarbeitern und einem jährlichen Umsatz von 12 Millionen Euro verfügte das Unternehmen über umfangreiche Erfahrung in der Topologie-Optimierung und Materialentwicklung7.
Die Alpine Composite Systems AG aus Graz spezialisierte sich auf die Fertigung von hochfesten Verbundwerkstoffen, insbesondere auf endlosfaserverstärkte thermoplastische Composites (CFRTP). Das 2008 gegründete Unternehmen mit 65 Mitarbeitern stellte sein Know-how in der Verarbeitung von carbonfaserverstärkten Kunststoffen und innovativen Fertigungsverfahren zur Verfügung8.
Die Dutch Mobility Innovations B.V. aus Eindhoven komplettierte das Förder-Projekt mit ihrer Fachkompetenz in der Integration von Leichtbaukomponenten in Elektrofahrzeuge. Mit 40 Mitarbeitern und einem starken Fokus auf nachhaltige Mobilitätslösungen brachte das Unternehmen wertvolle Anwendungsperspektiven in das Projekt ein5.
Projektziele und Innovation
HyLiTE verfolgte die Entwicklung einer neuartigen Hybrid-Leichtbaustruktur für tragende Elemente in Elektrofahrzeugen, die Aluminium-Titan-Komponenten mit carbonfaser-verstärkten Kunststoffen (CFK) kombiniert.
Die Innovation lag
✅ in der Integration eingerollter Hochleistungs-Gelenklager direkt in die CFK-Struktur,
✅ wodurch Gewichtseinsparungen von bis zu 40% gegenüber konventionellen Stahlkonstruktionen erreicht werden sollten,
✅ ohne Kompromisse bei der Festigkeit einzugehen4.
Förderrahmen: Horizon Europe
Das Förder-Projekt wurde im Rahmen des Horizon Europe-Programms, Cluster „Klima, Energie und Mobilität“ gefördert. Die Ausschreibung „Lightweight components and structures for energy-efficient vehicles“ bot den idealen Rahmen für das innovative Vorhaben1.
Antragsverfahren und Fördervolumen
Der Förderantrag durchlief ein zweistufiges Verfahren:
✓ Zunächst wurde eine Projektskizze eingereicht, die die grundlegende Idee und die erwarteten Ergebnisse darstellte.
✓ Nach positiver Evaluation folgte der Voll-Antrag mit detaillierter Projektplanung1.
Das beantragte Fördervolumen von 2,50 Millionen Euro entsprach einer Förderquote von 70% der Gesamtprojektkosten von 3,57 Millionen Euro.
Die Differenz wurde durch Eigenleistungen der beteiligten Unternehmen gedeckt, wobei die LightTech Solutions GmbH 450.000 Euro, die Alpine Composite Systems AG 350.000 Euro und die Dutch Mobility Innovations B.V. 270.000 Euro beisteuerten1.
Projektplanung mit dem Logical Framework Approach
Eine zentrale Rolle im Erfolg des Projekts spielte die strukturierte Planung mittels des Logical Framework Approach (LFA). Diese von der Europäischen Kommission als Standard-Projektplanungsmethode genutzte Vorgehensweise ermöglichte einen systematischen Aufbau des Projektvorhabens6.
Stakeholder-Analyse
Als erster Schritt wurden alle relevanten Stakeholder identifiziert und ihre Interessen systematisch erfasst2.
Primäre Stakeholder:
✅ Die drei Projekt-Partner
✅ Automobilhersteller als potenzielle Anwender
✅ Zulieferer in der automobilen Wertschöpfungskette
✅ Endnutzer von Elektrofahrzeugen
Sekundäre Stakeholder:
✓ Verbände und Netzwerke (z.B. European Lightweight Cluster Alliance)
✓ Zulassungsbehörden und Normungsinstitute
✓ Umweltorganisationen
✓ Forschungseinrichtungen
Eine besondere Herausforderung stellte die frühzeitige Einbindung der Automobilhersteller dar, um deren Anforderungen an Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und Skalierbarkeit der Produktion zu berücksichtigen.
Durch einen Workshop mit Vertretern führender europäischer OEMs wurden diese Aspekte bereits in der Konzeptphase adressiert26.
Problemanalyse
Die Problem-Analyse identifizierte die zentralen Herausforderungen im automobilen Leichtbau:
Kernprobleme:
-
Konventionelle Materialien und Konstruktionen führen zu hohem Fahrzeuggewicht und Energieverbrauch
-
Bisherige Leichtbautechnologien weisen häufig Defizite in Bezug auf Festigkeit, Lebensdauer oder Kosteneffizienz auf
-
Fehlende standardisierte Prozesse für die Kombination verschiedener Leichtbaumaterialien
-
Recycling von Multi-Material-Verbünden ist komplex und kostenintensiv57
In einem Problembaum wurden Ursache-Wirkungs-Beziehungen visualisiert.
Als Hauptursachen wurden identifiziert:
- mangelnde Material- und Prozessinnovation,
- fehlendes Bewusstsein für Leichtbaupotenziale in der Industrie und
- unzureichende Förderung von sektorübergreifenden Kooperationen26.
Zielanalyse
Aus der Problem-Analyse wurden positive Zielsetzungen abgeleitet:
Übergeordnetes Ziel:
Beitrag zur Reduzierung des Energieverbrauchs und der CO₂-Emissionen im Verkehrssektor durch innovative Leichtbaulösungen
Projektziel:
Entwicklung einer marktfähigen Hybrid-Leichtbaustruktur mit 40% Gewichtseinsparung bei gleichbleibender oder verbesserter Festigkeit und Lebensdauer
Erwartete Ergebnisse:
-
Innovative Verbindungstechnologie für Aluminium-Titan-Komponenten mit CFK
-
Optimierte Fertigungsprozesse für die kosteneffiziente Produktion
-
Validierte Testverfahren und Qualitätssicherungsmethoden
-
Konzept für das Recycling der Hybridstrukturen
Strategieanalyse
Für die Erreichung der Ziele wurden verschiedene strategische Ansätze evaluiert und verglichen:
-
Monolithischer Ansatz: Fokus auf ein einzelnes Leichtbaumaterial (nur CFK oder nur Leichtmetall)
-
Konventioneller Multi-Material-Ansatz: Kombination verschiedener Materialien mit klassischen Verbindungstechniken
-
Integrierter Hybrid-Ansatz: Entwicklung einer neuartigen Verbindungstechnologie mit direkter Integration der Funktionselemente
Die Evaluation erfolgte anhand definierter Kriterien wie
✅ technischer Machbarkeit,
✅ Innovationsgrad,
✅ Kosteneffizienz und
✅ Marktpotenzial.
Der integrierte Hybrid-Ansatz wurde als vielversprechendste Strategie identifiziert und für die weitere Projektplanung ausgewählt26.
Logical Framework Matrix
Als zentrales Planungsinstrument wurde die Logical Framework Matrix erstellt, die die Projektstruktur, interne Logik und Risiken transparent darstellte:
Interventionslogik:
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Gesamtziel: Reduzierung des Energieverbrauchs und der CO₂-Emissionen im Verkehrssektor
-
Projektziel: Entwicklung einer marktfähigen Hybrid-Leichtbaustruktur
-
Ergebnisse:
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Verbindungstechnologie
-
Fertigungsprozesse
-
Testverfahren
-
Recyclingkonzept
-
Demonstrator
-
-
Aktivitäten: Materialentwicklung, Konstruktion, Simulation, Prototypenbau, Tests, etc.
Objektiv überprüfbare Indikatoren:
-
Gewichtsreduktion von mindestens 40% gegenüber Referenzstrukturen
-
Fertigungskosten maximal 15% höher als bei konventionellen Lösungen
-
Lebensdauer von mindestens 150.000 km oder 10 Jahren
-
Erfolgreiche Crash- und Dauerfestigkeitstests nach Industriestandards
Nachweisquellen:
-
Technische Berichte und Messprotokolle
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Wirtschaftlichkeitsanalysen
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Zertifikate von Prüfinstituten
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Feedback von OEMs
Annahmen und Risiken:
-
Materialverfügbarkeit und Preisstabilität
-
Einhaltung neuer Regulierungen im Automobilsektor
-
Akzeptanz der Technologie bei Herstellern und Endkunden
Aktivitäten- und Ressourcenplanung
Basierend auf der Logical Framework Matrix wurde ein detaillierter Aktivitätenplan mit sechs Arbeitspaketen erstellt:
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Projektmanagement und Koordination (Leitung: LightTech Solutions)
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Projektsteuerung, Berichtswesen, Qualitätssicherung
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Materialentwicklung und -charakterisierung (Leitung: Alpine Composite Systems)
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Entwicklung und Optimierung der CFK-Materialien
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Charakterisierung der Aluminium-Titan-Komponenten
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Konstruktion und Simulation (Leitung: LightTech Solutions)
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Topologieoptimierung der Strukturen
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FEM-Simulation des Belastungsverhaltens
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-
Fertigungstechnologie (Leitung: Alpine Composite Systems)
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Entwicklung des integrierten Fertigungsprozesses
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Optimierung für Serienfertigung
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Prototypenbau und Tests (Leitung: Dutch Mobility Innovations)
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Herstellung von Prototypen
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Durchführung von Belastungs- und Dauerfestigkeitstests
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Demonstration und Verbreitung (Leitung: Dutch Mobility Innovations)
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Integration in ein Demonstrationsfahrzeug
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Verbreitung der Projektergebnisse
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Die Ressourcenplanung umfasste neben dem Budget auch die personellen Ressourcen (insgesamt 204 Personenmonate) und die benötigte Infrastruktur (Labore, Prüfstände, Fertigungsanlagen)26.
Projektumsetzung und Ergebnisse
Nach dreijähriger Laufzeit konnte das HyLiTE-Projekt erfolgreich abgeschlossen werden. Die wesentlichen Ergebnisse im Überblick:
Technologische Ergebnisse
Das Konsortium entwickelte eine neuartige Hybridstruktur, bei der Aluminium-Titan-Leichtbaulager direkt in carbonfaser-verstärkte Kunststoffbauteile integriert wurden.
Durch ein patentiertes Einrollverfahren konnten die Funktionselemente ohne zusätzliche Verbindungselemente fest mit der CFK-Struktur verbunden werden.
Die Gewichtsreduktion gegenüber konventionellen Stahlkonstruktionen betrug 42%, womit das Projektziel von 40% übertroffen wurde48.
Wirtschaftliche Ergebnisse
Die Wirtschaftlichkeitsanalyse bestätigte das Potenzial der entwickelten Technologie.
Obwohl die Materialkosten etwa 20% höher lagen als bei konventionellen Lösungen, konnten die Gesamtkosten durch den optimierten Fertigungsprozess und die längere Lebensdauer im akzeptablen Bereich gehalten werden.
Die Amortisationszeit für den Mehraufwand durch den Einsatz der Leichtbaukomponenten in einem Elektrofahrzeug wurde mit 3,5 Jahren berechnet, was die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Ansatzes bestätigte7.
Ökologische Ergebnisse
Die Ökobilanzierung zeigte, dass durch den Einsatz der HyLiTE-Komponenten in einem Elektrofahrzeug über dessen Lebenszyklus hinweg etwa 1,8 Tonnen CO₂-Äquivalent eingespart werden können.
Dieser Wert setzt sich zusammen aus Einsparungen während der Nutzungsphase durch reduziertes Gewicht und geringeren Energieverbrauch sowie aus Vorteilen in der Herstellungsphase durch den effizienteren Materialeinsatz.
Das entwickelte Recyclingkonzept ermöglicht zudem eine Rückgewinnung von bis zu 85% der eingesetzten Materialien5.
Innovationsgrad und Marktpotenzial
Die HyLiTE-Technologie stellt einen signifikanten Fortschritt im Bereich des automobilen Leichtbaus dar.
Im Vergleich zu bestehenden Lösungen zeichnet sie sich durch folgende Alleinstellungsmerkmale aus:
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Direkte Integration von Funktionselementen in die CFK-Struktur ohne zusätzliche Verbindungselemente
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Hohe Festigkeit und Dauerhaltbarkeit durch optimierte Kraftübertragung zwischen den Materialien
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Skalierbare Fertigungsprozesse für die industrielle Produktion
Das Marktpotenzial für die entwickelten Leichtbaukomponenten wird auf 180 bis 220 Millionen Euro pro Jahr allein im europäischen Automobilsektor geschätzt. Weitere Anwendungsfelder in der Luft- und Raumfahrt sowie im Maschinenbau könnten zusätzliche Marktchancen eröffnen.
Erfolgsfaktoren und Lessons Learned
Der Projekterfolg kann auf mehrere Faktoren zurückgeführt werden:
Erfolgsfaktoren
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Strukturierte Projektplanung mit dem Logical Framework Approach, die eine klare Zielsetzung und transparente Erfolgskontrolle ermöglichte
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Komplementäre Expertise der Konsortialpartner, die die gesamte Wertschöpfungskette von der Materialentwicklung bis zur Anwendung abdeckte
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Frühzeitige Einbindung potenzieller Anwender, die eine praxisnahe Ausrichtung des Projekts sicherstellte
-
Systematisches Risikomanagement, das potenzielle Probleme frühzeitig identifizierte und Gegenmaßnahmen ermöglichte26
Lessons Learned
Als wichtige Erkenntnisse für zukünftige Projekte wurden festgehalten:
-
Die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten bereits in der Konzeptphase führt zu besseren Gesamtergebnissen
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Der iterative Charakter des Logical Framework Approach erfordert regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Projektplanung
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Die Balance zwischen technologischem Fortschritt und Wirtschaftlichkeit bleibt eine zentrale Herausforderung im Leichtbau
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Die Standardisierung von Prozessen und Methoden ist ein wesentlicher Hebel für die breite Anwendung von Leichtbautechnologien257
Ausblick und Folgeprojekte
Der Erfolg des HyLiTE-Projekts hat den Grundstein für weitere Entwicklungen gelegt.
Die LightTech Solutions GmbH plant die kommerzielle Umsetzung der Technologie und hat bereits Gespräche mit mehreren Automobilherstellern aufgenommen.
Die Alpine Composite Systems AG wird die Fertigungstechnologien weiterentwickeln und in ihre Produktionslinien integrieren.
Die Dutch Mobility Innovations B.V. arbeitet an der Übertragung der Erkenntnisse auf weitere Mobilitätsanwendungen.
Ein Folgeprojekt unter dem Titel „HyLiTE 2.0“ ist bereits in Vorbereitung und wird auf die Ausweitung der Technologie auf andere Fahrzeugkomponenten sowie auf die Optimierung der Fertigungsprozesse für die Großserienfertigung abzielen15.
Fazit zur Leichtbau – Fallstudie
Das HyLiTE-Projekt demonstriert eindrucksvoll, wie die systematische Anwendung des Logical Framework Approach in Kombination mit innovativen technologischen Ansätzen zu überzeugenden Ergebnissen im Bereich des Leichtbaus führen kann.
Die entwickelte Hybridtechnologie bietet signifikante Gewichtseinsparungen bei gleichzeitig hoher Festigkeit und Lebensdauer, was sie zu einer vielversprechenden Lösung für die nachhaltige Mobilität der Zukunft macht.
Die erfolgreiche Förderung durch das Horizon Europe-Programm unterstreicht die Relevanz des Themas für die europäischen Klimaziele und die industrielle Wettbewerbsfähigkeit.
Durch die enge Zusammenarbeit der Partner aus Deutschland, Österreich und den Niederlanden konnten komplementäre Kompetenzen gebündelt und ein echter europäischer Mehrwert geschaffen werden158.